Thiele, Michael: Predigt als wahre Rede. Regensburg 2009. 308 S.
Auf dem Prüfstand steht die religiöse Rede. Ist sie wahre Rede? Ausgehend von antiker und mittelalterlicher Etymologie, zeigt Michael Thiele auf, dass eine "Rhetorik der Aufrichtigkeit", die sich im Besitz der Wahrheit weiß, zwar gut gemeint ist, sich heute aber überlebt hat. Wahrheitsfindung in der Postmoderne ist nur möglich im Konsensdialog mit den Zuhörern, der auch dem Dissens sein Recht einräumt. Die spannungsvolle Dialektik von Konsens und Dissens und die nicht minder spannende Dialektik von der Absolutheit Gottes und der Relativität allen menschlichen Strebens findet ihre vorläufige Lösung in der fragmentarischen Predigt. Der Gestaltschließungszwang lässt die Gemeinde das Fragment vollenden und zur Erschließung des Glaubens kommen. Dahinter steckt die Idee von genetischer Rhetorik, die das Kunstwerk Predigt im Hörer zur Gestalt kommen heißt und auf diese Weise die Wahrheit der Predigtrede zur Erscheinung bringt.